Praxisleben
Das war sie also. Der Patient, ein Herr in den besten Jahren, kam mit heftigen Kreuzschmerzen zu mir. Die hatte er sich wohl bei einem Urlaub in Golgatha zugezogen. „Jesus“, sagte ich, als ich ihn untersuchte, „sie haben da ja auch noch eine ziemliche Narbe. Welcher unfähige Kollege hat Ihnen denn da den Blinddarm entnommen?“ „Oh“, sagte der Herr, „das war so ein italienischer Austauscharzt von Ärzte ohne Grenzen, der sich da versuchte. Der arbeitete mit ziemlich seltsamen Methoden. Keine Anästhesie, sondern Akupunktur rund um den Kopf. Hatte extra so eine Apparatur mitgebracht, die er mir aufsetzte und die dann in die Kopfhaut stach.“ „Mein Gott“, erwiderte ich, „das sind ja Sachen, da fühlt man sich doch ziemlich von allen guten Geistern verlassen, oder?“ „Na ja“, meinte er, „halb so schlimm, war ja zum Glück gut, dass er mich noch vor Ostern behandelte.“
„Gut“, sagte ich, „dann nehmen Sie doch bitte schon mal hier auf dem Tisch Platz. Ich arbeite übrigens nach ganzheitlichen Methoden, werde Sie hypnotisieren und nicht, wie üblich, Mit Globuli betäuben. Nun lassen Sie mich aber erst mal schauen, wo der Schuh drückt.“ Der Herr zeigte mir die genauen Lokationen des Schmerzes, wobei mir die Löcher seiner Piercings, die er mal in Hand- und Fußrücken gehabt haben musste, auffielen. Meine Diagnose war so kurz wie auch schmerzlos: ich musste eine Vasektomie am offenen Herzen durchführen. Der Herr, im Übrigen privat versichert, willigte ein. Er hatte vollstes Vertrauen zu mir.
Ich erklärte ihm, dass ich minimalinvasiv vorgehen würde, um der Krankenkasse Kosten zu ersparen. Eine kleine Kanüle würde über vorhandene Wege in den Körper eingebracht, dazu ein Endoskop, um die Arbeit vor Ort kontrollieren zu können. Dazu noch drei, vier Klammern zum Vergessen, weil die die Krankenkasse en gros, also nach Kartons, bezahlt. Und nicht stückweise. Obwohl ich sie dann wiederum stückweise abrechne. Tupfer braucht man da fast nicht, aber wenn, dann nur die mit dem blauen Faden, damit die herrlichen Patienten auch einmal kräftig verwirrt schauen. Und dann machte ich mich auf den Weg.
Vorbei an Patella, Großhirnrinde und Steißbein kanülte ich mich bis in die Schmerzregion vor, darauf achtend, keine wichtigen Körperteile abzureißen. Ok, hier und da fehlt dann schon einmal die Gallenblase oder eine Niere, aber meist bekommt man an der Fleischtheke Ersatz. Dann schicke ich mal schnell die Schwester mit einer Bestellung raus und lade das Büro auf ein ausgedehntes Frühstück ein. Ich hege zwar die Vermutung, dass die Schwestern wissen, wie der falsche Hase läuft, aber aus Freude über ihren Arbeitsplatz sich nicht darüber äußern. So ein saures Lüngerl, wenn der nikotinbedingte Krebspatient ein Problem aufweist, eine Schweinsblase bei der Prostataoperation oder eben ein Kreuzworträtsel beim aktuellen Patienten – alles ist möglich und wird abgerechnet.
Ich erreichte den Schmerzherd und konnte ihn erfolgreich behandeln. Ein falsch angelötetes Gewinde für den Heiligenschein. Die Korrektur war ein Routineeingriff, denn schließlich bin ich ja als Engelmacher berühmt. Nur kurze Zeit später konnte der Herr seine Latschen wieder anziehen und aus eigener Kraft die Praxis verlassen. Ich riet ihm noch, sich einmal ordentlich zu waschen und zu rasieren, damit er auch wieder einen Job fände. Aber das hörte er schon nicht mehr, als er über die Pfütze des Wasserrohrbruchs im Hof von dannen schritt.
pathologe - 31. Jan, 14:38
Es ist mal wieder an der Zeit, die Krankenakten zu durchstöbern und nachzuschauen, welch arme, irregeleitete Kreaturen sich wieder hierher eingefunden haben. Um nach Rat und Trost zu suchen in diesen Zeiten, die selbst für geistig Gesunde schon genug Herausforderung bieten.
So finden wir nun die Anfrage wodka einlauf, die mir sofort die Gegenfrage auf meine haarzunge legt, ob es sich um einen Zieleinlauf (ergo Zielwasser) oder einen Waschvorgang mit einem Wollpulli handelt, der danach größenmäßig gewisse Unterdeckung aufweist.
Desweiteren suchen manche Zeitgenossen hier pathologie scheintote, aber ich kann Ihnen versichern, jeder Scheintote ist nach der Obduktion mit Sicherheit nicht mehr scheintot.
Auch suchte man, wenngleich nicht in diesem, so aber in einem ärztetechnisch ebenso betreuten Blog, nach gesäuge von geilen weibern, was mich insbesondere deswegen wundert, da das Blog in einer ganz anderen Richtung ausgerichtet ist. Also nicht jetzt als Eheanbahnungsblog gleichgeschlechtlich liebender Männer, obwohl es da auch Bezüge geben könnte, sondern ein rein auf einen literarischen Bestseller ausgerichtetes Blog. Gern sucht man da nämlich auch nach libido schwarze schokolade, die wahrscheinlich gereicht wurde zu eminem abendmahl, kurz bevor es dann hieß: jesus abendmahl time is over. Wundersam ist auch die Heilung der Lahmen dort, denn schon bevor sie eintritt, sucht jemand nach rollstuhlfahrer kleidung selbst nähen. Ich denke schon, dass Rollstuhlfahrer, bei entsprechend gestalteter Arbeitsumgebung, selbst nähen können. Und auch für Raucher ist was dabei: gras 10 gebote, wobei ich als Nichtraucher diese leider nicht kenne.
Ansonsten sind die Suchen doch eher unspektakulär, inzwischen hat es sich wohl herumgesprochen, dass man auch andere Quellen des Internets nutzen kann, die ergiebiger sind. Bis zur nächsten Revision!
pathologe - 11. Jan, 10:08
Die Praxis bietet, dann und wann,
ganz neue Suchanfragen an.
Die uns, wie soll es anders sein,
manchmal nur bringen laut zum Schrei’n
Da sucht irgend so ein Herr Stumpen
Bei mir doch wasser penispumpen.
Wozu, das bleibt dann insgeheim
sein secret, ja, so soll es sein.
Der harte Kern der Dauertrinker
schafft es hier her ganz ohne Blinker
und macht hier dann noch einen drauf
Mit einem Schuss wodka einlauf.
Sucht dann, es ist fast zum verrecken
Noch schnell a weng reime auf stecken,
um dann, es ist ja fast zu gut,
zu wissen, dass die praxis ruht.
wo gibt es überall gruppenzwang
Fragt sich ein Leser, ist ganz bang‘,
vielleicht will nur er unter schmerzen
sein intimspielzeug selber herzen?
ein kleiner italiener will
indes hier wissen, ob es still
wird, wenn er sucht die georgische
Essen mit dörrobst Tische?
So haben wir an jedem Tag
Anfragen, die ein jeder mag
und die uns zeigen, wie der Mann
rennt gegen die Intellenz an.
pathologe - 22. Nov, 11:20
Ich habe, angeregt durch einen leuchtstoffröhrenerhellten Wildnispatienten, mal meine Akten durchgesehen, mit Welch seltsamen Symptomen die Damen und Herren Patienten hier in der Praxis in der letzten Zeit aufgeschlagen sind. Und siehe da, es finden sich wieder Perlen zwischen den Säulen des Praxishofes.
So sucht doch ein Patient hier nach Beton in der Homöopathie. Diesem Patienten kann ich nur sagen: homöopathisch bedeutet, dass Ihnen Medikamente in kleinen Dosierungen verabreicht werden. Also so kleinen Dosierungen, dass Sie quasi gar nichts Wirkungsvolles bekommen. Dafür zahlen Sie aber einen enormen Preis. Einen Finderlohn, im Prinzip. Nun ist es bei Beton so, dass das ja nun ein recht schwerer Werkstoff ist. Daher kann es für Sie nur von Vorteil sein, diesen Wirkstoff in homöopathischen Dosen zu sich zu nehmen. Außer, Sie sind anorexisch veranlagt. Aber die erzielte Gewichtszunahme ist in diesem Falle nicht von Dauer. Ausnahme: Sie haben noch einen Termin bei den Helfershelfern des netten, italienischen Pizzeriabesitzers, die sich mit Ihnen beim Hafenbecken treffen wollen. Dies ändert allerdings die Behandlung in Richtung Trinkkur.
Ein anderer Patient sucht dagegen schnell zu Tränen gerührt Homöopathie. Auch diesem kann ich helfen: sehen Sie sich einfach die Rechnung an, die ich stelle, und schon brechen Sie in lautes Wehklagen ob der homöopathischen Behandlungs- und Erfolgsweisen aus. Oder suchten Sie ein homöopathisches Mittel, mit dem sich schnell Tränen anrühren lassen? Da wäre es allerdings billiger, einfach nur Wasser und Salz zu nehmen.
Ein weiterer Patient suchte hier Prof. Immenhof. Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass ich nach Durchsicht seiner Bewerbungsunterlagen zu dem Ergebnis kam, dass wir uns hier in der Praxis wohl weniger miteinander vergnügt hätten. Und somit musste ich eine abschlägige Bewertung erteilen.
pathologe - 10. Nov, 12:15
, w., die ~,...
Ich sollte doch eine Sprachheilschule fuer Spammer aufmachen. Denn gerade heute flatterte mir wieder so eine schoene Mail ins Haus, die ich hier einfach mal so, wortlos und stumm, als Beispiel fuer die Gewaltanwendung an der deutschen Sprache beispielhaft veroeffentlichen moechte.
Betreff: DABbank AG - Sie geben uns die Informationen und wir speichern sie, ebenso wir leisten und bieten hoeher angegebene Dienstleistungen. Und wir glauben, dass wir unseren Kunden den Nutzen bringen koennen.
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Mit den herzlichen Gruessen,
Claudine Dahl.
2008 Mannschaft der Unterstutzung der DAB Bank.
pathologe - 15. Okt, 15:01
Der Herr Medizinalrat hat ja, wie so mancher Mediziner, neben den Freuden des Berufs auch noch andere Freizeitbeschäftigungen aufzuweisen. Andere Kollegen gehen Golf spielen, die jüngeren unter ihnen beglücken ihre Arzthelferinnen oder Krankenpfleger, und ich betreue noch das eine oder andere Blog, so als virtueller Allroundmediziner.
Und so durchstreifte ich die Suchbegriffe der anderen Blogs und traf auf folgende Fragen, deren teilweise Beantwortung ich mich demnächst einmal widmen werde.
Ein Leser wollte nämlich wisssen, in welchen testament steht die große sturmflut, ein anderer nach der geburt bei der frau wasser ablassen. Scheint ein Automechaniker zu sein, letzterer. Ein anderer ist wohl angehender Bauingenieur, der sehr auf Qualität setzt. Wie sonst wäre die Anfrage bauen 600.000vor christus zu erklären? Wiederum ein anderer Suchende beschäftigt sich wohl mit Kampfkunst, er suchte gott warf den engel zu boden.
Aber keiner suchte was zum heutigen Datum. Wie lange ist es her, dass zwei Gebäude in sich zusammenstürzten?
pathologe - 11. Sep, 09:35
Als Arzt legt man ja Krankenakten fuer jeden Patienten an. Um mal nachzuschauen, was er denn so fuer Wehwehchen hatte, frueher. Oder welche man erfolgreich hinzufuegen konnte.
Aber auch andere Menschen interessieren sich dafuer. Ich zaehle mal die Suchanfragen auf, Diagnosen dazu darf jeder selbst stellen, gerne auch in Gedichtform:
vorgenaesst
Petersilientorte
Ueberlebenschancen bei hirntot
Intimspielzeug
Arbeits-, Urlaubs- und Krankenkarte 2008
Medizinalrat
Thalata
Frau Rosenstolz Larousse
Frau Rosenstolz Gpunkt
Sie duerfen mir aber auch eine Ansichtskarte schreiben.
pathologe - 7. Sep, 08:36
Manchmal kommt es in meiner Zahnarztpraxis vor, dass mir meine Patienten Fragen stellen. Eigentlich nur, wenn ich nicht schnell genug den Absauger eingehängt habe. Oder sie mit der Lampe blende. Und auf diese Fragen muss ich natürlich Antworten wissen. Schließlich bin ich ja ein intelligenter Doktor, kein dahergelaufener Quacksalber.
Und so passiert es mir hin und wieder, dass mir die Frage gestellt wird, wie denn die Streifen in die Zahnpasta kommen. Da ich nicht in der chemischen Industrie beschäftigt bin, muss ich mich natürlich schlau machen. Am besten übers Internet. So wie viele andere Menschen ebenfalls. Und dort stieß ich dann auf ein Forum, welches mir viele intelligente Lösungen bot. Die einfachste Erklärung stand aber am Schluss der Diskussion:
Zahnpasta wird aus Streifenhörnchen gemacht.
pathologe - 31. Aug, 08:10
Manchmal habe ich den Eindruck, hirntot zu sein. Oder irgendetwas falsch zu machen, eine falsche Diagnose zu stellen. Ich kann ja nicht davon ausgehen, dass der Rest der Welt hirntot ist oder alles falsch macht. Oder etwa nicht?
Das fängt schon mal damit an, dass man einen Antrag stellt. Abgibt und wartet. Und wartet. Und wartet. Und auf Nachfrage dann mal erfährt, dass der Antrag leider, trotz Zuteilung einer Antragsnummer und Verfolgbarkeit, nicht mehr auffindbar ist. Kann man da den Antragssteller nicht darüber informieren? Oder gibt es in Ämtern keine Nachverfolgung oder Wiedervorlage? Kein Kontrollsystem über vergebene Antragsnummern und deren Fortschritt oder Verbleib? Selbst ein kleines Postunternehmen hat das schon auf die Reihe bekommen, und das will was heißen!
Dann stellt man also einen zweiten Antrag. Und der geht innerhalb von zwei Tagen durch die Instanzen und wird abgelehnt. Begründungsfrei. Schön, frage ich mich natürlich, ob dem Antragsteller nicht damit geholfen wäre, eine Begründung zu hören, um demnächst vielleicht Fehler zu vermeiden, sollte es ein Fehler gewesen sein. Aber nein, man setzt voraus, dass der Antragsteller schon wissen wird, was er falsch machte. Wüsste ich das, wäre ich ein reicher Doktor und würde nur noch Regierungen beraten und den Weltfrieden schaffen.
Ja, und dann gibt es andere Menschen, die sich auffällig unkollegial und uneinsichtig zeigen und nicht über sich selbst reflektieren können.
Und da setzt dann mein Verstand aus.
pathologe - 13. Aug, 13:16
Überall liest man in den gängigen Frauenzeitschriften immer wieder von allen möglichen Diäten, Methoden, um an Gewicht zu verlieren. Ob das des Betrachters Auge genehm sei, sei einmal dahingestellt. Und so möchte auch ich mich in die Reihe derer einstellen, die mittels einer ausgewogenen Obstdiät an der Gesundung des Volkskörpers teilnehmen.
In jenen Zeiten aber, in der die Kirsche über das Land regierte, wohnten dereinst ein Baron und seine Kaiserin fürwahr in einem kleinen, königlichen Chalet, einer sogenannten Schalotte, in der Schweiz. Ihnen ging es pfirsisch prächtig in ihren Gemächtern, jeden Tag Spaß, Internet und Entspannung. Auch, wenn sie sich manchmal anpflaumten, so waren sie sich jedoch nicht lange böse. Und spät zur Nacht, wenn sich Doktor Pé bereits aus Zitronen sie immer noch im großen Saal und überblicken die Schar ihrer Gäste. Melone und mal mit Musik wird da die Nacht durchgetanzt, während anderswo bereits Schä[r]fchen gezählt werden.
Neulich dann überlegte der Baron, ob er sein apfelgrünes Staatskarossengefährt nicht einmal umlackieren lassen solle. Zur Ehrung der Hollandtomaten vielleicht in einem schicken Orange? Doch die Kaiserin war dagegen. Sie haette ihre Orangenhaut lieber in ein auberginefarbenes Gefährt gezwängt. Um eine Ausfahrt zu machen und in einem kleinen Birnenwäldchen sich ganz dem körperlichen Genusse hinzugeben. Vielleicht würde dadurch ja ein kleiner René-Claude herausspringen? Jedenfalls wollte sie mit ihrer Pflaume die Nüsse [hier wird das Manuskript irgendwie unleserlich, möglicherweise hat jemand Bananensaft darübergeschüttet] Weiter im Text.
Jedenfalls wollte sie ihrem Liebsten den Aufenthalt versüßen und zog daher das Korsett besonders stramm. Die Quitte kam nicht lange danach, fehlte ihr doch die Puste und der notwendige Blutdruck, um sich in des Barons Kalesche zu zwetschgen. Und so blieben sie eben zu Hause und man wartet immer noch erfolglos auf einen Thronfolger.
pathologe - 4. Aug, 13:55